Journal für Orgel, Musica Sacra und Kirche

                   ISSN 2509-7601  

                                                                                                                        

      

Karfreitage gibt’s mitunter montags und Ostern auch schon mal in der Mittagspause – vielleicht! 

Ich glaube, dass man sich grundlegend öffnen muss, wenn man so etwas wie Ostern erfahren möchte. Die Annahme, dass sich Jesus irgendwie im Grab geschüttelt und gerüttelt hätte und danach alles wieder von vorne begann, ist eine volkstümliche (nicht kirchliche) Überzeugung, die bereits meine Religionslehrer verständlicherweise problematisiert haben. Nein, das alles muss noch viel tiefer sitzen. So tief, dass es einem täglich widerfahren kann. Ob ich es dann wahrnehme und es mich berührt, das hängt von meiner Bereitschaft ab.

 

Karfreitag – am Montag? Oft fahre ich mit dem Fahrrad an einer Kinderklinik vorbei, die an einer stark befahrenen Straße liegt. Wie viele Gethsemane- oder Golgotha-Blicke besorgter Eltern habe ich da schon im Vorbeifahren aufgeschnappt. Das eingehüllte Kind auf den Armen, schützend vor die Brust gepresst, den Kopf hektisch nach links und rechts wendend, um eine Lücke im Endlosen des Straßenverkehrs zu finden, wird der Asphalt überquert, als gäbe es keine Möglichkeit, die zusätzlichen Gefahren zu mindern. Die Angst potenziert.                                       
Nein, ich hasse sie, diese Karfreitage, die an mir oft anonym vorbeiziehen und von denen ich nicht weiß, wie lange sie ihren jeweiligen Schrecken verbreiten und sich einbohren wie Zecken. Vielleicht kenne ich die wirklich heftigen und unmittelbaren Karfreitage noch nicht. Jedoch wären sie mir wohl kaum sympathischer.
Gott will Leben. Vielleicht beginnt der Karfreitag aber viel geringer dosiert. Vielleicht. 

Bedauerlich scheint der Umstand zu sein, dass das Spannungsfeld "Ostern und Auferweckung" kirchlicherseits zu statisch transportiert wird; die apologetischen und zugleich widersprüchlichen „Das-Grab-ist-leer-Bilder“ hielten zu sehr in Kopf und Herz Einzug. Die Osterlieder vieler Diözesananhänge sprechen Bände und sprechen nicht ohne Grund kaum mehr Suchende auf ihrem Glaubensweg an.  mehr   

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Empfehlenswerte Links zu Auferweckung resp. Auferstehung   

"... Vor einigen Wochen wurde Klaus Berger mit einer erschreckenden statistischen Erkenntnis zum Zustand des Osterglaubens zitiert: »An den theologischen Fakultäten glauben nur zwei von hundert Lehrenden … an die Auferstehung Christi«. (s. hier im 6. Absatz). Bei allem Respekt vor Bergers Gelehrsamkeit: Woher weiß er das? Und wichtiger noch: Was meint er genau? Der Autor des Blog-Beitrags, der ihn zitiert, fragt danach – kaum überraschend – nicht, aber man kann vermuten, wie er den Satz versteht, denn er fährt fort: »Dieses fasste ein katholischer Priester in Baden in einer Predigt so zusammen: 'Die Krippe in Bethlehem war leer und das Grab in Jerusalem war voll.'« Muss man, um an die Auferstehung Jesu zu glauben, daran glauben, dass das Grab ..."  mehr    

"... Was nun das leere Grab betrifft, so begegnen unter evangelischen Theologen drei Positionen: Während die Konservativen behaupten, es müsse leer gewesen sein (Peter Stuhlmacher, Ulrich Wilckens), sagen andere, es könne leer gewesen sein, aber es müsse nicht leer gewesen sein (Ulrich Luz, Gerd Theißen). Und eine dritte Gruppe vertritt die Auffassung, es könne nicht leer gewesen sein (Herbert Braun, Gerd Lüdemann). So auch Bultmann, der die Überzeugung teilte, "dass ein Leichnam nicht wieder lebendig werden und aus dem Grabe steigen kann". Die Bedeutung des Auferstehungsglaubens für die Christen hat Bultmann überzeugend zur Sprache gebracht, wenn er sagt: "Der christliche Glaube an die Auferstehung glaubt, dass der Tod ..."  mehr          

"... Die tragende Rolle als menschliche Akteure spielen die Frauen, die auch als Zeuginnen des Todes Jesu vorgestellt wurden (Mk 15,40f). Unter historischem Aspekt ist ihr Verhalten in wenigstens dreifacher Hinsicht erstaunlich: die Salbungsabsicht nach der Beerdigung ist höchst ungewöhnlich, zumal zwei Tage nach dem Tod – unter den klimatischen Bedingungen Palästinas kaum vorstellbar. Die Frauen machen sich zum Zweiten etwas spät Gedanken über den Grabverschluss. Wenn die Frauen den Leichnam salben wollten, hätten sie sich doch etwas früher darüber klar werden müssen, wie sie in das Grab hineinkommen könnten. Sie haben ja gesehen, dass das Grab mit einem Stein verschlossen wurde (15,47). Und drittens ist auch die Reaktion der Frauen auf die Botschaft des Engels in historischer Perspektive höchst ungewöhnlich: sie schweigen. Ausgangspunkt der Erzählung ist also höchstwahrscheinlich
..."  mehr     

  
Ostern, ja das gibt es wohl auch - und wie. Manchmal auch ohne (dicken) Karfreitag. Das ist vielleicht eine gut wirkende körperliche Selbstheilungskraft (möglicherweise samt gutem Arzt), oder es ist die erzieherische Selbstkraft eines Kindes, vielleicht auch das Musikstück im Ensemble, das plötzlich und wider Erwarten funktioniert, das ist vielleicht aber auch der Sauerkirschbaum, der sich aufgrund seiner verqueren Wurzeln nicht umsetzen lassen möchte und plötzlich in seiner Würde von mir völlig neu wahrgenommen wird. Ja und es ist auch vielleicht ein körperliches Gebrechen, das Bruder Leib (O-Ton Karl Barth) befiehlt. Mit ihm arrangiert man sich und „läuft es ab“, wie mir eine Bekannte schrieb. Vielleicht.

All das und noch viel mehr geschieht in dem - mitunter zögerlich - vertrauenden und hoffenden Bewusstsein, letztlich gehalten zu werden und behütet zu sein. Mag kommen, was will. Zeit und Gelegenheit zur Klage wird immer noch sein.

Ich glaube, dass man sich grundlegend öffnen muss, wenn man so etwas wie Ostern erfahren möchte – manchmal auch im Übermaß ... Geöfffffnet ... Nur so kann man offen sein sein für die noch viel größeren Erfahrungen, um - vielleicht - mit dem Psalmisten rufen zu können: "Mit meinem Gott überspringe ich Mauern." Ja, das ist wohl wahr: Mit Gott kann ich Grenzen überschreiten.  (mpk)      

                                                                                                                                                                        

                                                                                                                       

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