Journal für Orgel, Musica Sacra und Kirche

                   ISSN 2509-7601 

                                                                                                  

       

  

Cola-Dosen oder "Ein kleiner Junge wollte Gott treffen" 

"Er packte einige Coladosen und Schokoladenriegel in seinen Rucksack und machte sich auf den Weg. In einem Park sah er eine alte Frau, die auf einer Bank saß und den Tauben zuschaute. Der Junge setzte sich zu ihr und öffnete seinen Rucksack. Als er eine Cola herausholen wollte, sah er den hungrigen Blick seiner Nachbarin. Er nahm einen Schokoriegel heraus und gab ihn der Frau. Dankbar lächelte sie ihn an – ein wundervolles Lächeln! Um dieses Lächeln noch einmal zu sehen, bot ihr der Junge auch eine Cola an. Sie nahm sie und lächelte wieder, noch strahlender als zuvor.

So saßen die beiden den ganzen Nachmittag im Park, aßen Schokoriegel und tranken Cola. Sie sprachen kein Wort. Als es dunkel wurde, wollte der Junge nach Hause gehen. Nach einigen Schritten hielt er inne, ging zurück und umarmte die Frau. Die schenkte ihm dafür ihr allerschönstes Lächeln.

Zu Hause fragte ihn seine Mutter: „Was hast du denn heute Schönes gemacht, dass du so fröhlich aussiehst?“ Der Junge antwortete: „Ich habe mit Gott Mittag gegessen – und sie hat ein wundervolles Lächeln!

Auch die alte Frau war nach Hause gegangen, wo ihr Sohn sie fragte, warum sie so fröhlich aussehe. Sie antwortete: „Ich habe mit Gott Mittag gegessen – und er ist viel jünger, als ich dachte.""     

Zwei Marginalien auf zwei Minuten dazu:

1. Egal wie einem Gott er-scheint (und das mag in der Krippe oder auf der Parkbank sein), er setzt elementare Energien frei. "Epiphanie", "Inkarnation" und "Offenbarung" werden oft in ihrem Gefängnis des dogmengeschichtlichen Wortgeklingels zu immer mehr unverständlichen Themen gänzlich abseits des Bildungshintergrunds. Häufig liegt es an der sprachlichen Verpackung und manchmal an der mangelnden Gelegenheit, die semantischen Mauern der vielen guten Erfahrungen zu überwinden. Kirche steht sich da oft selbst im Wege. Wir bräuchten eine neue intersubjektive Gottesrede und dürfen uns tabubrechend auf den Weg machen.

2. Sehnsüchte nach rettenden, befreienden und über uns selbst hinausweisenden Alternativen zur Zentrifuge des kommerzialisierten Alltags samt zunehmender Überorganisiation besitzt jeder. Oft bleibt dieses ohne Folgen. Wie dem auch sei, was lesen wir hier? Der Junge und die alte Frau erwirtschaften kein Bruttosozialprodukt. Ganz im Gegenteil - sie verbrauchen gänzlich ungeniert Erwirtschaftetes auf Kosten anderer und sind dabei noch reflektiert glücklich!

In diesem Sinne kann Gottes kostenfreies Ja ohne jegliches Kleingedrucktes uns stets getrost und subversiv begleiten - mit zahlreichen Cola-Dosen (politisch korrekt: Cola-Mehrwegflaschen) und vielen Schokoladenriegeln!  (mpk)

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 

                                                                                                                       

zurück