Journal für Orgel, Musica Sacra und Kirche
ISSN 2509-7601
Hans Uwe Hielscher in St. Reinoldi oder "Über die Orgel und ihre klanglichen Möglichkeiten braucht nicht mehr berichtet zu werden"
“… zur 11. Orgelfeierstunde war Hans Uwe Hielscher- Organist an der Marktkirche Wiesbaden - zu Gast an der Walcker-Orgel in der Dortmunder Reinoldikirche.
Über die Orgel und ihre klanglichen Möglichkeiten braucht nicht mehr berichtet zu werden. Das hat Rationis Causa in seinem Bericht über die 10. Orgelfeierstunde hinlänglich getan.
Dem interessierten Hörer bot sich eine Lehrstunde oder sollte man sagen Sternstunde hinsichtlich Programmgestaltung und der hohen Kunst des Registrierens.
Hans Uwe Hielscher eröffnete den Abend mit der Suite du premier ton (Plein Jeu - Dialogue - Recit - Grand Jeu) von Denis Bedard (geb. 1950). Eine interessante Mischung anglo-amerikanischer Idiome mit franko-iberischen Elementen. Gekonnt der Einsatz von Aliquotregistern und Zungenstimmen, die zusätzlich zur raffinierten Harmonik einen Hauch von Exotik hervorzauberten. Damit war eigentlich auch schon der rote Faden für diesen Orgelabend vorgezeichnet: Exotik pur.
Weiter ging es mit Prelude on the „Londonderry Air“ von Noel Rawsthorne (geb.1929), ein gelungenes Variationswerk, das Hielscher hier mit den satten Grundstimmen der Orgel und exquisiten Solomischungen zu Gehör brachte.
Die Suite per organo (Preludio – Cantabile – Finale) des Italieners Enrico Pasini (geb. 1935) begann mit einer sehr spielfreudigen, m?rschähnlichen Einleitung. Hielscher registrierte vorwiegend mit Mixturklängen, die den mitreißenden Charakter dieses Preludio gut betonten.
Der zweite Satz, ein Cantabile, bestach zum einen durch seinen hinreißenden melodischen Charme und durch eine abwechslungsreiche Registrierung mit kurzbechrigen Zungen und Aliquotregistern. Das Finale erinnerte an den französischen Toccatenstil des 19. Jahrhunderts.
Der folgende Programmpunkt Three American Folksongs: Amazing Grace, Somebody´s knockin´ at your door, Deep River im Arrangement von Hans Uwe Hielscher profitierten wohl stark von Hielschers Erfahrung und Praxis als Konzertsaalorganist in Wiesbaden. Beeindruckend wie hier mit allen Mitteln einer stark chromatisch gefärbten Harmonik und einer Orgel, der Hielscher tatsächlich die Klänge einer amerikanischen Wurlitzer entlocken konnte, das für dieses musikalische Genre typische Charakteristikum getroffen wurde.
Wer dann meinte, das könne nicht getoppt werden, wurde im nächsten Stück eines besseren belehrt. Im Arrangement von Dan Miller gab es ein weiteres Traditional How great Thou art. Man hätte glauben können, dass man sich im Namen des Bearbeiters geirrt hätte und es hätte heißen müssen: Glenn Miller. Eine hinreißende Bearbeitung.
Mit Albert W. Ketelbey´s (1875-1959) Komposition In a Persian Market waberten orientalische Klänge durch das altehrwürdige Kirchenschiff. Ich muss gestehen, dass trotz der sakralen Umgebung Assoziationen von verschleierten und bauchtanzenden arabischen Schönheiten in meinem doch ach so weltlich gepolten Gehirn entstanden. Beweis dafür, dass Hielscher auch hier imstande war, durch geschickte Registrierung und unter Ausnutzung aller solistischen Möglichkeiten der Orgel spezielles Lokalkolorit entstehen zu lassen.
Mit Guiseppe Rosetta´s (1901- 1985 ) Alleluia war der letzte Programmpunkt erreicht. In seiner klanglichen und formalen Struktur erinnerte die Komposition sehr stark an französiche Vorbilder, wie z.B. Vierne mit seinem Carillon de Westminster.
Fazit: Ein ansprechendes Programm, ein technisch versierter Organist, der auch über eine reichliche Prise musikalischen Humors verfügt und ein durchaus dazu passendes Instrument waren der Garant für einen überaus genüsslichen Orgelabend in der Dortmunder Reinoldikirche. Starker Beifall der ca. 100 Zuhörer waren der verdiente Lohn für Hans Uwe Hielscher. …”
Rheintaler/08.11.2008 in orgelforum.de