Journal für Orgel, Musica Sacra und Kirche

                   ISSN 2509-7601






Neutral ist angesagt – Testbericht zum Thema Nubert & Orgelsoftwaresampler im E-Mail-Format
   
Inmitten von Händlermeinungen und Forenexperten mit fraglicher Expertise: Erfahrungseinlassungen zu innovativen Studiomonitoren

Jüngst meldete sich bei mir ein Leser und erbat freundlich Rat. Er schilderte mir in einer umfangreichen E-Mail sehr eindrücklich eine regelrechte Odyssee. Die grundsätzliche Frage lautete: Welche Lautsprecher brauche ich für Hauptwerk? Ich versuchte in einer dann noch länger geratenen Antwortmail, meine angefragten Erfahrungen mit den nuPro XS-6000 RC kontextualisiert darzulegen. Um weitere interessierte Leser an diesem Erkenntnisgewinn teilhaben zu lassen, sei hier dieser E-Mail-Austausch nach der Einwilligung des Kollegen veröffentlicht.

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Anfrage-E-Mail

Lieber Herr Kollege,
ich grüße Sie herzlich!
Als Hauptwerk-Neuling habe ich schon öfter in Ihrem Journal gelesen und dabei schon etliche für mich interessante Informationen rund um das Schnittfeld Theologie und (Kirchen-)Musik bzw. Digitalorgel herausfiltern können.
Gerne möchte ich heute folgende Anfrage an Sie richten und würde mich über Ihre Einschätzung/Meinung freuen:
Ich bin stolzer Nutzer etlicher guter Hauptwerk-Samplesets verschiedener Hersteller und nutze bisher einzig einen A...-Kopfhörer. Nun möchte ich gerne für das Üben auch ohne Kopfhörer und kleinere Hauskonzerte eine qualitative Lautsprecheranlage erwerben, mit der das Orgelspiel zu Hause mindestens in Ansätzen so viel Spaß macht wie mit Kopfhörer (ich hatte mal eine Digitalorgel von K. und habe diese nur mit Kopfhörern genutzt, weil die interne Abstrahlung furchtbar klang).
Leider ist es sehr schwer, als Laie in Sachen Abstrahlung eine gute Einschätzung/einen guten Ratschlag zu bekommen, welche Lautsprecheranlage für Hauptwerk geeignet sein könnte.
Ich habe meinen Spieltisch damals bei der Firma X gekauft. Dieser empfahl mir eine Abstrahlung der Firma B., welche mir ein Angebot über eine 2.1.-PA-Anlage unterbreitete, wovon mir aber von Kollegen abgeraten wurde, weil laut deren Aussage ausschließlich Nah- oder Mittelfeldmonitore geeignet seien; PA’s seien eher für Konzerte im Außenbereich gedacht.
Händler Y empfahl mir eine 4.1.-Anlage bestehend aus 2x E... und 2x E… (für die Rückabstrahlung zum Rücken des Spielers hin) sowie einen E... Subwoofer. Hiervon wurde mir aber auch wieder von einem Bekannten abgeraten, der meinte, die E...-Lautsprecher seien nicht besonders gut im Klang. Auch beim Probespiel mit solchen Lautsprechern beim Händler Z im S. vor ein paar Jahren kam mir das Klangbild nicht besonders überzeugend vor.
Derselbe Bekannte empfahl mir wiederum, ausschließlich 3-Wege Monitore wie z.B. den F... zu verwenden, da Hauptwerk mit „normalen“ Lautsprechern in den Mitten schlecht klinge.
Hifi-Lautsprecher seien laut übereinstimmender Händlermeinung nicht geeignet, weil sie den Klang der „unteren Mitten“ nicht authentisch wiedergäben. Dies ist schade, da die Orgel bei mir „mitten im Raum“ steht und Standlautsprecher als Rücklautsprecher durchaus praktisch wären, weil ich sonst extra Ständer für die kleineren Nahfeldmonitore kaufen müsste (ich kann diese ja nicht mitten in Raum auf den Boden stellen, weil sie nicht über die Orgelbank hinaus reichen würden).
Der Spieltisch selbst ist recht tief, weshalb die Frontlautsprecher direkt auf diesem platziert werden könnten.
Leider habe ich auch in größerer Umgebung kein Fachgeschäft, in dem ich eines oder mehrere der benannten Produkte probehören könnte; selbst in F. hatte Herr Y die Lautsprecher nicht in der Ausstellung, als ich da war.
Nun habe ich vor einigen Tagen Kontakt zu Herrn Fürstberger von Forestpipes aufgenommen und diesen nach seiner Erfahrung mit Nubert-Lautsprechern befragt, welche laut diversen „Foren-Experten“ nicht geeignet sein sollen (untere Mitten etc.). Er meinte jedoch, er sei sehr zufrieden mit diesen Lautsprechern und könne sie uneingeschränkt weiterempfehlen.
Auf Ihrer Webseite habe ich nun gelesen, dass Sie vor einiger Zeit ebenfalls mit dem Kauf der Nuberts liebäugelten und wollte deshalb anfragen, ob Sie diese Lautsprecher mittlerweile im Einsatz haben und welches Fazit Sie ziehen? Geht „Hifi“ doch auch für Orgel oder besser Nahfeldmonitore?
Ich würde mich sehr über ein paar Zeilen mit Ihren Eindrücken/Ratschlägen freuen!
Ihnen alles Gute und viele Grüße!
(Name d. Red. bekannt)

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nuPro XS-6000 RC - Summary des Orgeljournal-Tests

Die Investition von nahezu 3.000 € hat sich für mich als sinnvoll und bereichernd erwiesen. Ich kann die nuPro XS-6000 RC für den Gebrauch mit Hauptwerk vollumfänglich empfehlen. Sie zeichnen sich in beeindruckender Weise durch Clarté, Schärfentiefe und Neutralität aus.


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Antwort-E-Mail

Hallo Herr NN,

ich glaube, dass das Thema Abstrahlung ein ganz heikles ist. Sie zeigen ja mit Ihren Worten sehr galant auf, wie subjektiv das große Spannungsfeld bewertet wird. Es ist wie bei Asterix und Obelix, nur gibt es hier in einem dritten gallischen Dorf zahlreiche Druiden und Zaubertränke. Welcher wirkt aber besser? Keine Ahnung! Man müsste auf eine neue Asterix-Folge warten oder dieses dritte Dorf gar aufsuchen. Wagen wir Letzteres in gedanklicher Weise.

Erstens: Ich bin kein Elektro-Akustiker. Viele behaupten jedoch, auf diesem Terrain fachspezifisch unterwegs zu sein. Manche glauben es sogar. Bei derlei möglichen Kompetenzsimulationen wird es noch heikler. In der Märklin-Landschaft Hauptwerk & Co., die ich seit 2005 beobachte, wird vieles erzählt. Sie bemerken hier sicherlich meine Distanz. Was ich für mich als Theologe und Musikpädagoge allerdings in Anspruch nehme, ist ein gerüttelt Maß an Klangerfahrungen mit realen Orgeln. Und gut ist, was diesen elektro-akustisch nahekommt. Das soll der Maßstab sein. Seit 2005 spiele ich zuhause mit Hauptwerk. Mit Hauptwerk 1 ging’s los. Für alle Nerds: Die technischen Daten mit allem State-of-the-Art-Schnickschnack sind der entsprechenden Nubert-Seite zu entnehmen:


Zweitens: Jeder besitzt einen für seine Hauptwerk-Orgel zur Verfügung stehenden Raum mit allen individuellen Anregungsflächen. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Vielleicht aber doch: Nach dem Kauf eines neuen Klavieres vor rund dreißig Jahren war ich erschrocken, wie das Instrument am neuen Aufstellungsort gänzlich, und ich betone: gänzlich anders klang. Ein Damaskuserlebnis! Zu diesem Thema gibt es ganze Bibliotheken.

Drittens: Cui bono? Wem dient welche weitergegebene Information? Wer ist Influencer? Auch unausgesprochenerweise? Von einem Mietmaul möchte ich nicht sprechen. Das wäre wahrlich zu ungalant. Aber es gibt Antworten ohne Ende … Ich assoziiere gerade einen Orgelstudenten, der Hauptwerk-Sets mittels einer Hausmarken-Digitalorgel in Form von Choraltechnik erkennbar merkantil vorstellt. Es sei ihm gegönnt. Sein stets gut wahrnehmbarer Spieltisch fällt allem Anschein nach unter das Thema Sponsoring. 

Das nur einmal, um die betriebswirtschaftlichen Unterschiede deutlicher werden zu lassen: Nubert ist ein Direktvertrieb mit lediglich zwei eigenen Ausstellungsorten. Die Margen weiterer Verkäufer, die übliche Melange aus omnipräsenter Werbung und nettem Sponsoring etc. entfallen weithin, was dann in der Endpreiskalkulation und dem Preisleistungsverhältnis zu Buche schlagen dürfte. Sorry, weiterhin assoziiere ich: Wenn der Kaufmann preist den Wein, wird’s wohl guter Essig sein. Anders herum: Kennen Sie einen Hauptwerk-Händler, der Nubert im Angebot hat?

Viertens: Eine in der Szenerie bis zum Sakrosankten gehypte Hauptwerkanlage hatte mir nie, wirklich nie umfänglich gefallen. Ich bin zur Höflichkeit erzogen worden, besitze jedoch jetzt den nötigen Abstand, das einmal ehrlich auszusprechen, zumal ich auch immer wieder Worte wie „ist ja Plastik“ oder „blecherner Klang“ bei der Wertung anderer Installationen hörte. Also, abgesehen davon, dass ich den individuell konfigurierten Spieltisch als teilweise dysfunktional erlebte: Die Abstrahlung empfand ich als Zuhörer in den hinteren Reihen zuvörderst bei halligen Sets fast grotesk disproportional, ich saß wie in einem akustischen Hologramm, in dem die Koordinaten von Höhe, Breite und Tiefe beliebig verzerrt wurden. Ein Rhönrad. Als Spieler saß ich hingegen wie vor einer langen gläsernen Wurst- oder Käsetheke, die keinen Zugriff auf die unterkühlten Waren ermöglichte. Allerdings habe ich diese Installation seit einigen Jahren nicht mehr vor Ort gehört, ich hoffe sehr, dass sie optimiert wurde. Mit anderen Worten: Viele vorgebliche Forenexperten hören aus vielerlei Gründen nicht gut. Oder sie schreiben es nicht. Ergo: Kann man Forenberichten trauen?

Fünftens: Gut ist, was Ihnen persönlich gefällt. Und da kommen wir auch ganz schnell in den Bereich der Psychoakustik. Denn das kann heute so und morgen ganz anders sein. Das Gehör ist sehr wankelmütig. Das gilt es auszuhalten und seinen ganz eigenen(!) Consensus omnium zu finden. Das braucht Zeit. Ein Furor der Eile schadet nur. Zeigen Sie Selbstvertrauen! Cool finde ich, dass Sie eine Händlerempfehlung ganz und gar nicht goutierten, weil Sie Ihren eigenen Ohren vertrauten. Hinzu käme wie gesagt noch Ihr ganz spezifischer Aufstellungsort mit all seinen weiteren spezifisch anregenden oder absorbierenden Einrichtungsgegenständen.

Sechstens: Ihre Zitierung der wohl einhelligen Händlermeinung, dass Hauptwerk mit normalen Lautsprechern in „den unteren Mitten“ nicht gut oder sogar „nicht authentisch“ klänge, ist aufschlussreich. Sie erwähnen das mehrmals und ergänzen, dass das sog. Forenexperten ebenfalls so sähen. Abgesehen von der Formulierungsschwäche, die diese Begrifflichkeit offenbart (es ist ja nicht Ihre!), scheint da ein Problem zu existieren. Vielleicht sogar ein vielschichtiges. Dass sich mancher vorgebliche Experte auf derlei Marktplätzen ungezogen geriert, mag hier übrigens in meiner möglichst sachlichen Sichtung keinerlei Rolle spielen. Wir werden aber sehen, dass mitunter vernehmlich erfahrungsfrei agitiert wird, was vielleicht sogar den Bereich einer Irreführung touchiert.

Siebtens: Ich habe mich wegen bisheriger guter Erfahrungen mit Nubert wieder für Nubert entschieden. Im Wohnzimmer (36 qm²) besitze ich seit Langem größere passive Standlautsprecher von Nubert ohne Subwoofer mit einem fetten Verstärker von Yamaha. Sie erlauben das Spektrum vom subtilen Sound of Silence bis zum grandiosen Wackeln der Heide. Beides wird durch die Gnade eines freistehenden Einfamilienhauses ermöglicht, für die ich dankbar bin. Das unaufgeforderte Feedback von Bekannten war stets: Boah! Meine Suche war dadurch etwas vereinfacht. Mehr nicht. Ich muss andere nicht von etwas überzeugen. Mich hat Nubert nach mancherlei Testen überzeugt. Das reicht mir persönlich erst einmal. Wir sind ja schließlich nicht bei Thermofix. 

Sie fragten mich nach meinen Erfahrungen, und deswegen teile ich Ihnen mein Fazit mit: Bezüglich Hauptwerk kann ich hören, dass es passt. Läuft. Meine Erwartungen wurden sogar, ja ich kann sagen weithin übertroffen. Ich war mir aber zunächst unsicher. Und das betraf dann eher Hauptwerk als Nubert.

Linearer Klang und analytisches Hören

Hier beim siebten Punkt möchte ich nun etwas ausholen: Nubert wirbt mit einem sog. ehrlichen Sound. Und in der Tat, dieser konsequent lineare Klang offenbart so vieles, was in der Aufnahme steckt, oder eben nicht steckt. Der letzte Fall, also wenn sich die Aufnahme als wenig optimal erweist und die Lautsprecher zur Ernüchterung beitragen, ist selbstverständlich weniger schön.

Nubert hat in den letzten Jahren das Angebot hochwertiger aktiver Lautsprecher erheblich ausgebaut. Mittlerweile verstehe ich auch, warum diese linearen Nuberts offenbar zunehmend in Tonstudios eingesetzt werden. Man kann mit ihnen analytisch hören und hat zugleich eine gescheite Abstrahlung mit größerem Sweet Spot. Insofern befinden sich die Nuberts meiner Einschätzung zufolge in einem doch konstruktiven Zwischenbereich auditiver Neutralität.

Kioskartige Expertokratie

Ich vermute, dass (nach den von Ihren genannten Meinungen Dritter) Hauptwerk mit gängigen Direktstrahlern der HIFI-Szenerie deswegen abzubilden schwierig bis untunlich ist, da deren Klang markenspezifisch aufgemischt bis aufgemotzt wird, wenn ich das einmal so darstellen darf. Hätten die Händler aber allesamt und vollkommen Recht, könnte man folglich auch mit sehr guten HIFI-Boxen keinerlei Orgelmusik hören. Nun ja. Wir befinden uns hier bereits auf hohem Niveau. Der Klang ist dann halt gefärbt und eben nicht neutral. Mal mehr, mal weniger. Das trifft auch auf das Mastering von Orgel-CDs zu. Tun wir mal so, als ob Hauptwerk-Sets keinerlei persönliche Signatur trügen.

Gleichwohl haben wir es bei den von Hauptwerk generierten Klängen in der Regel mit sehr hoch auflösenden Audioausgaben zu tun, die CD-Werte (oder lustig komprimierte MP3 allemal) übertreffen. Eine anspruchsvolle Abstrahlung ist insofern vonnöten. Wenn ich das alles dogmatisch konsumieren möchte, dürfte nur der Kopfhörer oder ein gutes Nahfeldmonitorpärchen zu empfehlen sein. Hauptwerk wurde deswegen auch ganz zu Beginn einmal als „Egoistenorgel“ bezeichnet. Das ist schon lange her. Nur nebenbei: Die tontechnische Authentizität eines Orgelsets kann ich bereits mit wenigen Eingriffen in Richtung Mehrkanaligkeit oder auch durch das unbedachte Mischen von Aufnahmeperspektiven verzerren bis entstellen. Das wird gerne außer Acht gelassen. 

Der puristische AKG- oder Genelec-Hype scheint mir jedoch ebenso wie schlichte Stereo-Sets vorbei zu sein. Das wirkt leibhaftig hochbetagt. Und so mussten die Händler dann nochmals mit ihren jeweiligen Specials reagieren: „Ich habe da etwas für Sie, alles andere ist nicht authentisch!“ Dieses Vorgehen wird im betriebs- oder volkswirtschaftlichen Sektor schlichtweg Bedarfsweckung genannt. Die von ihnen zitierten Empfehlungen scheinen mir auch deswegen insgesamt recht bunt, ja kioskartig gemischt zu sein. Wenn der Kaufmann preist den Wein …

Prägnanzqualität: Untere Mitten vs. Goldene Mitte

Ich würde das Problem mit den „unteren Mitten“, von denen Sie schrieben, anders angehen. Neue Parameter sind meines Erachtens gefragt: Haben Lautsprecher (und Set!) hinreichend „Bauch“ in diesem Bereich? Und ist dieser Frequenzbereich transparent, ausgewogen und neutral, auch im Verhältnis zu den anderen Bereichen? Besitzt er also hinreichend Prägnanzqualität, um den gesamten und spezifischen Plafond einer realen Orgel gut abbilden zu können? Gefragt wäre wohl im wahrsten Sinne die goldene Mitte, und das eingedenk der Tatsache, dass wir es im Gegensatz zum Orgeloriginal seit Thomas Edison und seinem heute wahrlich optimierten Phonographen nur mit einem Abbild zu tun haben, das in uns quasi die platonische Idee einer Orgel evoziert. Lautsprecher bleibt Lautsprecher. Auch der beste Lautsprecher wird nie zur Orgel.

Wie gesagt, ich hatte vor der finalen Entscheidungsphase große Zweifel. Ja, fast war ich sogar misstrauisch, weil ich im Hinterkopf hatte: Hauptwerk, das alles ist doch so besonders. Da brauchst du etwas ganz Spezielles. Und, und, und. Sowohl Marketing als auch das Granteln von Forenspezis hatte also Spuren hinterlassen. Insofern kann ich Ihre Situation sehr gut nachvollziehen. Doch die Entscheidung fiel mir dann schlussendlich etwas leichter, weil Nuberts kostenfreies Rückgaberecht bei Nichtgefallen recht großzügig bemessen und unkompliziert ist.

Zudem hatte ich mich entschlossen, nur die zweitgrößten aktiven Standlautsprecher von Nubert (nuPro XS-6000 RC) zu ordern, weil sie laut Empfehlung durch Nubert für mein 13-Quadratmeter-Arbeitszimmer mehr als ausreichend sind. Die nuPro XS-8000 RC hätten eine Art von Übermotorisierung dargestellt. Sie werden vielleicht einst im Wohnzimmer als Upgrade dienen, worauf ich mich wegen Bluetooth und weiterer Kabelfreiheit freue. Meine weitere Option war jedoch, für die Hauptwerk-Orgel ggf. noch einen Subwoofer zu kaufen, falls die Bassfrequenzen nicht ausreichten.

Klangimpressionen: Pure Clarté und Schärfentiefe

Das Spielen und Hören mit den Nuberts war für mich in den ersten Stunden neu. Als hätte man von den Orgelsets einen Grauschleier gezogen. Gleichzeitig war es so, dass sich eine ganz andere, und zwar satte Substanz des Hörbildes ergeben hatte. Der Terminus Tiefe wäre fast missverständlich, hier ist er analog zum Möbelmaß zu verstehen. Vielleicht trifft es aber der photographische Ausdruck der Schärfentiefe (von vielen auch Tiefenschärfe genannt) besser. Sie eröffnet u.a. den Bereich eines erweiterten räumlichen Hörens. Die Problematisierung von „unteren Mitten“ ist mit diesen Lautsprechern gegenstandslos.

Meine Sets hatte ich in ihrer Unterschiedlichkeit noch nicht in dieser Weise gehört. Das mag einerseits sicherlich mit der nicht optimalen Qualität meiner vorherigen Abstrahlung zu tun haben, obwohl ich diese individuelle mehrkanalige Kombination aus Syrincs-PA und Reetze-Rundstrahlern doch sehr mochte. Andererseits hatte ich viele Aufnahmen mit meinen Wohnzimmer-Nuberts oder dem AKG-Kopfhörer auch immer wieder kontrolliert. Der Klangeindruck wurde allerdings nun noch einmal übertroffen. Diese Prägnanzqualität war ich nicht gewohnt. Pure Clarté. Nicht nur am Spieltisch, sondern auch am Schreibtisch, dessen Stuhl gute zwei Meter hinter der Orgelbank steht. Ebenso auf der Couch, die nicht direkt im Sweet Spot liegt. Die Kehrseite der Medaille: Ein teures Set erwies sich nun als wenig brauchbar, es klingt schlichtweg unbefriedigend. Es klingt wie eine gesamplete Digitalorgel. Meine vorherige Abstrahlung hatte das kaschiert. Genau das ist es, was Nubert als ehrlichen und linearen Klang beschreibt. Damit muss man dann rechnen.

Weitere Update-Perspektiven

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass ich derzeit generell im sog. Virtuellen Surround abstrahle: Die Klänge, die ich vorne höre, werden auch von den hinteren Lautsprechern (also ohne Aussonderung von Rear-Samples) sehr leise abgestrahlt. Ich finde das präziser. Mein Arbeitszimmer kommt mir auf der Orgelbank mit seiner rückwärtigen Dachschräge fast im übertragenden Sinne entgegen. Auch die irrealen Mischungen aus mehreren Stereo-Perspektiven vermeide ich nach vielen Experimenten. Maßstab ist für mich eine real mögliche Zuhörerposition an einem spezifischen Ort. Dass mir das Phänomen Stereo da bereits einen ersten systemischen Strich durch die Rechnung macht, ist mir bewusst. Darüber hatte ich bereits einen eigenen Bericht im Journal verfasst.
Meine Nuberts möchte ich auf Dauer noch mit kleinen schwarzen Holzpodesten etwas aufbocken. Der jetzige Abstrahlungswinkel ist für mich in der Spielposition zwar noch gut im Toleranzbereich, jedoch wäre da im wahrsten Sinne noch Luft nach oben. 

Auch die alten Syrincs von Thomann (PA/2.1) als derzeitige hintere und wie gesagt recht leise justierte Lautsprecher müssten nochmals überdacht werden. Was mich gewundert hatte, war die nicht mehr aufkommende Frage nach einem Subwoofer. Freilich mag ich ihn für die Zukunft nicht vollkommen ausschließen, aber ein labialer 32‘ hüllt den Raum, der dafür eigentlich zu klein ist, in ein samtenes Gewand, ohne ihn zur Druckkammer zu machen. Die Frequenzen reichen nach unten mehr als aus, die Frequenzweichen verrichten ihre Arbeit ausgewogen. Natürlich ist das auch alles eine Frage der jeweiligen realen Orgel, des realen Raums und vor allem des Set-Mastering. Und Letzteres kann auch bei ein und demselben Hersteller durchaus deutlichen Schwankungen unterliegen. Man wundert sich. Aber dieser Umstand wurde erst mit den neuen Nuberts noch ohrenscheinlicher.

Fazit im Dreizeiler

Die Investition von nahezu 3.000 € hat sich für mich als sinnvoll und bereichernd erwiesen. Ich kann die nuPro XS-6000 RC für den Gebrauch mit Hauptwerk vollumfänglich empfehlen. Sie zeichnen sich in beeindruckender Weise durch Clarté, Schärfentiefe und Neutralität aus.

Und in diesem Sinne will ich mit meinen subjektiven Impressionen enden, da ich mit einem Schmunzeln an den Ausruf eines Nutzers denken muss: „Hauptwerk ist ein Geldfresser!“ Recht hatte er ja.

Musikalische Grüße von Orgelbänken unterschiedlichster Art
Matthias P. Kleine

[© Matthias Paulus Kleine – 1. August 2023]