Journal für Orgel, Musica Sacra und Kirche
Selbstzufriedenheit des Gremienkatholizismus
Viola Kohlberger fiel mir in der Berichterstattung über den Synodalen Weg auf. Ihr Instagram-Clip hat mich irritiert zurückgelassen. Während des Betrachtens fragte ich mich mit zunehmender Spannung: Ja, wann kommt sie denn jetzt zum Kern? Wo ist ihr fundamentum in re?
Meines Erachtens werden in Kohlbergers Einlassung lediglich subjektive Vorhaltungen und derbe Insinuationen gestreut, die weder substanziiert noch fair erscheinen. Ich wusste mich bei der Rezeption nicht zwischen "völlig an den Haaren herbeigezogen", "schier unglaubwürdig" und "peinlich bis zum Fremdschämen" zu entscheiden. An dieser Stelle möchte ich einen Wunsch äußern: Auf eine Proseminararbeit von Viola Kohlberger zu dieser Causa mitsamt aller Marginalien wäre ich sehr gespannt.
Kohlbergers Machtmissbrauch durch präskriptives Framing?
Kohlbergers Framing ist beachtlich. Zunächst leitet sie ihren Vortrag mit der Befürchtung ein, dass sie "richtig Ärger bekommen kann". Diese freiwillige Infantilisierung wirkt auf mich regressiv. Dann wird es eindrücklicher: "kein sicherer Ort", "Schutz des Systems", "Toilette", "abgefangen worden", "verbales Um-sich-Schlagen", "zu nah", "krass unangenehm", "größer als ich" und "angegangen". Eine Kulisse wird entworfen, die man in moralischer Hinsicht kaum überbieten kann. Ihre Schilderung erscheint mir nach genauer Durchsicht vollkommen emotional und tendenziös. Sie wirft kein gutes Licht auf die Debattenkultur des Synodalen Weges.
UPDATE Viola Kohlberger soll keine Bundeskuratin werden - Turbulenz im Wassergläschen „Katholischer Ritus“ à la Heisenberg Als ich im November 2021 den Artikel dieser Seite über Viola Kohlberger und den Synodalen Weg veröffentlichte, konnte ich kaum ahnen, dass meine Kollegin noch einmal dermaßen in die Schlagzeilen geraten würde. Kurzum: Ich hatte bereits damals ein erhebliches Störgefühl (für Akademiker oder dergleichen: kognitive Dissonanz) und wundere mich heute mitnichten darüber, dass die bundesdeutschen Bischöfe sie nun nicht mehrheitlich zur Bundeskuratin der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) machen wollen. Die Versagung des Nihil obstat sorgt indes für erhebliche mediale Schelte mit dem Spin: Alte episkopale Appararatschiks rächen sich an junger Kirchenreform-Aktivistin! Die Turbulenz im Wassergläschen mit dem Aufdruck „Katholischer Ritus“ übertrifft seine eigene Norm und wird wohl à la Heisenberg selbst vom lieben Gott niemals analysiert werden. Was ist passiert? Eine vermutlich auskömmlich dotierte Stelle des verbliebenen Verbandskatholizismus wird nicht wie erwartet und intern gewünscht besetzt, weil eine übergeordnete Instanz die Zustimmung versagt. Das gibt es auch andernorts und gehört zum Alltag. Ein Verfahren des Ja oder Nein. Die Gehaltstufe einer Bundeskuratin scheint übrigens laut Ausschreibung der DPSG nicht kommuniziert zu werden. Das Pfadfinder-Dokument „Arbeitshilfe Transparente Finanzen“ sekundiert offenbar diese Aura klandestiner Einkünfte. Katholisch.de schreibt: „Seit 2021 ist sie Kuratin der DPSG in der Diözese Augsburg und dort angestellt.“ Frau Kohlberger wird wahrscheinlich nicht ins Bodenlose fallen. Gewiss ist ein missglückter Karriereschritt ebenso enttäuschend wie die korrigierte Personalplanung einer untergeordneten Ebene durch eine höhere Instanz. Die entscheidende Frage lautet: Hat die Bewerberin den gewünschten Anforderungen der Stellenausschreibung entsprochen? Diese Frage kann von Außenstehenden nicht wirklich beantwortet werden. Gleichwohl steht es in der Freiheit eines jeden, sich beim Betrachten des immer noch verfügbaren Instagram-Videos von Viola Kohlberger (4. Okt. 2021) mitunter zielführende Fragen zu stellen. (mpk/28.04.2024) ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Viola Kohlberger in Kirche+Leben am 30. Juni 2024 (Print 26/27) "Als Bundeskuratin der DPSG wollte ich bewusst und für Kirche arbeiten und einen sicheren Ort der Kirche innerhalb des Verbandes schaffen. Ansporn für die Kandidatur war sicherlich auch, mit 85.000 Mitgliedern im Rücken kirchenpolitisch etwas bewegen zu können." |
Das Opfernarrativum ist mir zu hoch dosiert. Hier enttäuscht mich Viola Kohlbergers linkisches Posting in puncto Emanzipation, denn einen Diskurs eröffnen und dann nach einer ersten Schlappe außerhalb der Wagenburg kneifen und sich mit Schutzbehauptungen à la MeToo auf sicheres Terrain zurückkehren ... sorry, emanzipiertes dialektisches Stehvermögen sieht anders aus. Ein unguter Beigeschmack des Hypokritischen und Infamen bleibt leider zurück.