Journal für Orgel, Musica Sacra und Kirche

                   ISSN 2509-7601

 

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Louis Vierne - mit und ohne Tabak in Notre Dame

Der nahezu blinde Vierne war für seinen „schwierigen Charakter“ bekannt. Zudem schien er auf der Orgelempore nicht nur mit dem Orgelspiel beschäftigt gewesen zu sein. So wurde dort ein Hinweisschild „Rauchen verboten“ angebracht und dieser Teil der Kathedrale durch die Weihrauch schwingende Priesterschaft zur rauchfreien Zone erklärt. Vierne, der davon erfuhr, stellte - als betont stark Sehbehinderter - seinen Aschenbecher direkt unter dieses Schild und rauchte weiter. Diese besondere Art des Humors kam auch in seiner äußerst sarkastisch wirkenden Äußerung über Marcel Dupré zum Tragen. Vierne meinte: Dupré hätte doch noch in seiner Komposition "Le Chemin de la Croix" ("Der Kreuzweg") eine weitere Station komponieren sollen, nämlich „Dupré auf allen Vieren vor dem Klerus in St. Sulpice“. Kein Geringerer als Jean Langlais wusste diese Begebenheit immer wieder beim Thema Vierne und Dupré anzusprechen.                                                                                                                  Katastrophen          

Wenngleich Vierne in seinen Aufzeichnungen die gesamten 30 Jahre ab 1906 als eine pure Aneinanderreihung von Katastrophen bezeichnete, so trifft dieses in verschärfter Weise auf die letzten Jahre zu. 1930 komponierte Vierne seine sechste und letzte Orgelsymphonie, wenige Werke schlossen sich noch an. Nachdem er 1927 auf einer Amerika-Reise einen Herzinfarkt erlitten hatte, ging es mit seiner Gesundheit rapide bergab. Schlaf- und Beruhigungstabletten schienen ihm in seiner Depression Linderung zu verschaffen. Der Tod von Sohn und Bruder waren ähnlich wie seine Scheidung für ihn nicht verkraftbar gewesen, trotz aller internationalen Anerkennung als Musiker.                                                                          

"Louis Vierne Filmed at Notre Dame de Paris" 

 

In einem kurzen YouTube-Filmausschnitt von 1930  ist die Orgel noch in dem Zustand zu hören, den Vierne mit seinen über zwölf Jahre andauernden Spendensammlungen beheben wollte. Zu diesem Zeitpunkt war sie jedoch bereits mit einem elektrischen Gebläse betrieben worden. Bis 1924 mussten noch mehrere Kalkanten herhalten. Erst 1932 sollte Viernes Wunsch nach einer umfassenden Instandsetzung der Orgel erfüllt werden.

Sterbestunde                                                                                                         

Von seinem organistischen „Heldentod“ während seines 1750. Konzertes berichtet Maurice Duruflé, der als Assistent zugegen war:

 

"Vierne hatte soeben mit großem Ausdruck sein letztes Werk. das "Triptyque". gespielt. Ich stand neben ihm um zu registrieren. Als er den letzten Satz des Triptyque ("Stele pour un enfant défunt") begann, wurde er blass, seine Finger hingen förmlich an den Tasten und als er seine Hände nach dem Schlußakkord abhob, brach er auf der Orgelbank zusammen: Ein Gehirnschlag hatte ihn getroffen. An dieser Stelle des Programms sollte er über das gregorianische Thema 'Salve Regina' improvisieren. Aber anstelle dieser Hommage der Patronin Notre-Dames hörte man nur eine einzige lange Pedalnote: Sein Fuß fiel auf diesen Ton und erhob sich nicht mehr."                                                                                                 

In vielen mehr oder weniger katholischen Litaneien wird um eine gute Sterbestunde gebetet. Vielleicht hat sie sich hier realisiert: Kann man sich als Musiker einen gnädigeren Tod vorstellen, als in der Musik zu sterben? Louis Vierne wird es allein wissen.  (mpk)        

                                                                                                                                              

                                                                                                                          

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