Journal für Orgel, Musica Sacra und Kirche

                   ISSN 2509-7601

                                                                                                                                                                                          

                                            

 

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ANDRÉ MARCHAL sur les Orgues GONZALEZ de la salle de musique de Madame Henry GOUIN  mehr    

                                                                                                                                                                                      

Die Redaktion möchte an dieser Stelle Herrn Kantor Hans Peter Reiners aus Bonn einen herzlichen Dank dafür aussprechen, den folgenden Bericht nebst Fotos dem Orgeljournal zur Verfügung gestellt zu haben.  (mpk)                                                                                                                                                                             Die Hausorgel der Eheleute Duruflé                                     – Ein Bericht von Hans Peter Reiners


                                                                                                                                                                                                                    Nach der 11.00 Uhr in Notre-Dame d'Auteuil haben wir zusammen mit Fréderic Blanc in einem sehr empfehlenswerten, kleinen italienischen Restaurant (ganz nahe bei St. Etienne-du-Mont) zu Mittag gegessen. Danach gab es Tee auf der Terrasse von Duruflé's früherer Wohnung. Fréderic Blanc hat dort lebenslanges Wohnrecht und man kann ihn deshalb wirklich beneiden.

Maurice Duruflé bewohnte diese sehr kleine Wohnung schon als Junggeselle. Nach der Heirat blieb das Ehepaar Duruflé-(Chévalier) weiterhin dort wohnen. Und das hatte einen sehr guten Grund. Duruflé's frühere Wohnung liegt im Hause "Place du Panthéon No 6" im 9. Stock. Diese Wohnung erreicht man nur über den früheren "Dienstboteneingang". Dort geht es mit einem kleinen Aufzug in das 8. Stockwerk. Von dort aus muß man noch Treppen steigen bis zur Wohnung von Fréderic Blanc. Das Panthéon, die Kirche St. Etienne-du-Mont (Duruflé's frühere Wirkungsstätte) und das Haus No 6 liegen, wie der Beiname "du-Mont" schon sagt, auf einer Anhöhe. Und vom 9. Stockwerk hat man eine grandiose Aussicht über ganz Paris. Dies war wohl der Hauptgrund, warum das Ehepaar Duruflé ihr ganzes Leben lang diese Wohnung nutzten. Sicherlich auch deshalb, weil es nur einen Katzensprung bis zur Kirche St. Etienne-du-Mont ist.

Man hat einen sagenhaften Ausblick auf Paris (einige hundert Meter im Vordergrund liegt z.B. die Kathedrale Notre-Dame). Von der Terrasse, vom Musikzimmer, von der Küche und sogar von der Toilette.

  

Die Wohnung ist wie ein kleines Museum. Überall stehen und hängen Erinnerungs-stücke an das Ehepaar Duruflé, aber auch an anderen Organisten (Vierne, Widor, Dupré, Cochereau etc. ...).

Das Interessanteste ist aber wohl die Hausorgel von Maurice Duruflé, die im kleinen Musikzimmer fast ein Drittel des Platzes einnimmt. Früher stand hier auch noch ein Flügel. Es ist immer wieder ein großes Erlebnis, diese Orgel mit Improvisationen von Fréderic zu hören.



               
                                                                                                                                 Für mich ist es klanglich eine der schönsten Hausorgeln, die ich kenne. Sie schreit nicht, sie brüllt nicht und sie kreischt nicht! Es ist alles wohl aufeinander abgestimmt Die Orgel klingt wie eine große Kirchenorgel im "Kleinen"! Die Schwebung mit 32' und 16' im Pedal klingt himmlisch schön!

Die Orgel wurde in den Jahren 1958 bis 1967 nach Angaben von Maurice Duruflé vom Orgelbauer Gonzales erbaut. Sie hat 32 Register (incl. Transmissionen) verteilt auf drei Manuale und Pedal mit elektrischer Spiel-und Registertraktur. Die Orgel hat Normalkoppeln und Sub- und Superkoppeln. Es gibt seltsamerweise keinen Tremulanten.


                            
Pedale:

Soubasse 32'
Soubasse 16'
Bourdon 8'.
Flute 4'
Flute 2'
Das Pedal besteht aus einer Pfeifenreihe vom 16' bis zum 2'.
Trompette 8'
Clairon 4'
Régale 8'
Chalumaeu 4'
Cromorne 8'

Grand-Orgue I:

Flute à fuseau 8'
Prestant 4'
Doublette 2'
Plein Jeu III
Trompette 8'
Cromorne 8'
Chalumeau 4'

Positif-expressif II:

Bourdon 8'
Flute 4'
Nasard 2 2/3'
Quarte 2'
Tierce 1 3/5'
Larigot 1 1/3'
Régale 8'
Chalumeau 4'

Récit III:

Principal 8'
Dulciane 8'
Unda maris 8'
Principal 4'
Cymbale III
Trompette 8'
Clairon 8'
Régale 8'                                                                                                                                                                                                                                                                             Hinten an der Wand stehen die Pedalpfeifen in einem geschlossenen Gehäuse mit Jalousien, die man per Hand öffnen und schließen kann. Das ist für eine Hausorgel eine sehr gute Idee. Man kann so die Klangintensität des Pedals optimal an die Manualregister anpassen. Davor stehen Positif und Recit jeweils in einem eigenen Schwellkasten. Davor Grand-Orgue mit dem Prestant 4' im Prospekt. Die Zungenregister stehen in einem eigenen Schwellkasten rechts an der Wand neben der Orgel.

Es heißt, dass Maurice Duruflé den Aufbau und besonders die Intonation seiner Hausorgel akribisch überwacht hat. Und das hat sich gelohnt. Es ist wirklich ein ganz toll klingendes Instrument.

Einmal habe ich Maurice Duruflé kurz getroffen. Im Jahre 1968 habe ich mit meinem damaligen Kirchenchor von St. Stephanus in Grefrath bei Neuss eine Chorfahrt nach Paris unternommen. Wir haben im sonntäglichen Hochamt in St. Etienne-du-Mont die Spatzenmesse für Solisten, Chor und Orchester von Mozart aufgeführt. Am Samstag vorher war ich bei Duruflé in der Wohnung und er gab mir eine Visitenkarte, auf deren Rückseite er einige Wort für den Küster von St. Etienne geschrieben hatte. So kam ich damals auch an die Orgel von St. Etienne-du-Mont. Madame Duruflé fragte mich, was sie denn zum Hochamt auf der Orgel spielen sollte. Ich sagte ihr, dass zu der Mozartmesse ganz gut die beiden Phantasien in f-moll passen würden. Und dann spielte sie vor dem Hochamt eine Phantasie und nach dem Hochamt die andere Mozart-Phantasie.

Ich hatte Madame Duruflé später zu einem Orgelkonzert hier in St. Joseph eingeladen. Sie musste dann leider aus gesundheitlichen Gründen das geplante Konzert absagen. Ich habe sie aber einige Jahre vorher noch bei der Einweihung der renovierten Orgel in St. Joseph in Paris gehört. Sie spielte meisterhaft.

Hans Peter Reiners

                                                                                                                       

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